Delphi, das frühhellenistische Apollo-Heiligtum mit seinem bis nach Kleinasien berühmten Orakel, prägte den Glanz von Hellas, dem antiken Griechenland, ganz entscheidend mit. Schon sehr früh war der verschwiegene, von Erdbeben zerrissene Berghang der Phaidriades, von dessen Höhen in grauer Vorzeit die Bösewichte gestürzt wurden und aus dessen Felsspalten geheimnisvolle Dämpfe aus dem Erdinnern aufstiegen und Quellen hervorsprangen, ein Ort mystischer Kulte.
Mythologie und Geschichte
Gäa, die Erdgöttin und Erdmutter, und Poseidon, Gott des Meeres, waren zunächst die Götter, denen die Verehrung galt. Nach der griechischen Mythologie soll hier in Delphi der „Nabel der Welt“ gewesen sein. Um die Mitte der Welt festzustellen, hatte Zeus zwei Raben ausgesandt, die in entgegengesetzter Richtung davonflogen und sich hier wieder trafen, in der Mitte, dem Nabel der Welt also.
Schon zur Zeit des Gäa-Kults war hier ein Ort der Weissagungen, deren Deutung man dem Rauschen der Blätter im Wind und dem Murmeln der heiligen Quelle entnahm.
Von Gäa, die auch den Beinamen Sibylle hatte, ging das Orakel über auf deren Tochter Themis, Göttin der Gerechtigkeit. Homer schreibt von einem Ort Pytho, an dem der Drache Python das Orakel bewacht.
In der Ära der mykenischen Kulturepoche kam der auf Delos geborene Apollo, Sohn des Zeus, nach Delphi und tötete den orakelbewachenden Drachen Python. Nach einer Zeit der Reinigung im Tempe-Tal kam Apollo lorbeergeschmückt zurück nach Delphi und machte sich das Heiligtum untertan.
Das Orakel
Pythios, ein Gott, der aus dem Kampf zwischen Apollo und dem Drachen Python hervorkam, war es, der den Priestern des Apolloheiligtums durch die Priesterin Pythia seine rätselhaften Ratschlüsse verkündete. Die in einer Art Ekstase oder Trance von der Pythia wirr gemurmelten Weissagungen bedurften allerdings der Interpretation durch Priester des Heiligtums, denn die Orakelworte waren zum einen kaum verständlich und zum anderen für den Ratsuchenden zunächst ohne viel Sinn.
Die Bedeutung des Orakels von Delphi gewann in der hellenistischen Welt bald so an Bedeutung, dass nichts mehr unternommen und begonnen wurde, weder im staatlichen, militärischen noch im wirtschaftlichen Bereich, ohne das Orakel vorher zu befragen. Diese bedeutende Stellung brachte natürlich auch politischen Einfluss für die Priester des Heiligtums mit sich, aber auch einen nicht zu unterschätzenden Reichtum, der wiederum die Unabhängigkeit Delphis gewährleistete.
Nach Orakelsprüchen wurden z. B. Verträge geschlossen oder Heiraten arrangiert, Kriege geführt oder Städte gegründet. So soll Byzanz aufgrund eines Orakelspruchs gegründet worden sein.
Zwei berühmt gewordene Orakelsprüche zeigen deren Vieldeutigkeit, in der aber wahrscheinlich ihre Weisheit lag. Krösus z. B., der sprichwörtlich reiche König des Lyderreichs in Kleinasien, erfuhr vom Orakel, dass er „ein großes Reich zerstören werde“, sobald er den Grenzfluss Halys überschreite. Krösus sah darin eine Ermunterung seine Nachbarn, die Perser, anzugreifen, verlor die Schlacht und zerstörte dadurch sein eigenes Reich.
Themistokles dagegen legte den für die Verteidigung Athens gegen die zur See vordringenden Perser erbetenen Orakelspruch richtig aus. Ihm war geweissagt worden, dass er Athen „hinter hölzernen Mauern“ erfolgreich verteidigen könne. Themistokles deutete die hölzernen Mauern richtig als Schiffe und verteidigte Athen in der Schlacht von Salamis 480 v. Chr. siegreich zur See.
Weihegeschenke für Delphi
Schon im frühen 7. Jh. war Delphi zu einem Kultur- und Geisteszentrum der hellenistischen Welt geworden. Aus dem gesamten Mittelmeerraum brachten Städte und Königreiche Hekatomben (Weihegeschenke) nach Delphi, die entlang der „Heiligen Straße“ zum Apollotempel im sog. „Perivolos“ aufgestellt wurden. Ansehen und Reichtum ließen Delphi zu einem autonomen Stadtstaat werden. Adelsfamilien regierten und sorgten für die Unabhängigkeit ihres Reiches. Delphi wurde schließlich Mittelpunkt der „Amphiktyonie“, einem aus 12 Nachbarstädten bestehenden religiösen Bund (590 v. Chr.).
Die Amphiktyonie rief die Pythischen Spiele ins Leben, die 582 v. Chr. erstmals ausgetragen und im Intervall von vier Jahren jeweils im dritten Jahr der Olympiade zu Ehren des Python-Bezwingers Apollo bis ins 4. Jh. wiederholt wurden. Die Pythischen Spiele bestanden aber nicht nur aus sportlichen Wettkämpfen, sondern die Teilnehmer mussten auch auf den Gebieten der Musik, des Gesangs und der Dichtkunst bewandert sein.
Das Orakel von Delphi wurde selbst in der Zeit der römischen Kaiser noch befragt und gefördert. Auch wenn Nero hunderte von Statuen aus Delphi nach Rom schleppen und Konstantin der Große Konstantinopel mit Weihegeschenken aus Delphi schmücken ließ, sollen damals immerhin noch mehr als 3.000 Statuen, Skulpturen etc. im Heiligen Bezirk gestanden haben.
Das Aus für Delphi kam aber erst im 4. Jh. n. Chr., als der byzantinische Kaiser Theodosius I. um 380 das Heiligtum schließen ließ.
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