Rau-Verlag in Stuttgart-Kaltental
Keine Lust auf Gartenzwerg-Romantik
Auszug aus einem Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 20. November 2017. Der Orginaltext wurde gekürzt.
Seit drei Jahrzehnten veröffentlicht Werner Rau seine Campingbus-Reisen im eigenen Verlag. Wir haben uns mit dem Weltenbummler getroffen und uns von seinen Erlebnissen erzählen lassen.
Von Spanien bis Hammerfest
1975 wurde der Grundstein für den späteren Reisebuchverlag gelegt: Werner Rau und seine Frau kauften sich einen VW-Bus. „Damit sind wir in sechs Monaten von Spanien bis Hammerfest gefahren. Das war unsere schönste Reise“, schwärmt der 73-Jährige. Damals habe er festgestellt, dass es auf dem Buchmarkt noch keine Reiseführer speziell für Wohnmobile gab. „Da haben wir gesagt, dann müssen wir es selber machen.“ Nach langer Suche fand sich schließlich ein Verlag, der das erste Buch veröffentlichte. „9000 Kilometer durch Skandinavien“ lautete der Titel. „Ich war stolz wie Bolle“, erinnert sich Rau. Das Buch verkaufte sich gut, und so gab der Verlag Aufträge für sechs weitere Titel. „Die Reiserei mit dem Campingbus, das hat uns gut gefallen“, sagt Rau.
Doch als im Jahr 1986 die Honorarzahlungen ausblieben, musste ein neuer Weg gefunden werden, und der war, einen eigenen Verlag zu gründen. „Ich hatte so viel Zeit und Elan in die Reisebeschreibungen reingesteckt, das sollte nicht umsonst gewesen sein.“ Ob ihn dieser Schritt viel Mut gekostet habe? „Man kann es auch Halsstarrigkeit nennen“, sagt Rau. Von da an waren die Raus etwa die Hälfte des Jahres auf den Straßen Europas unterwegs, die andere Hälfte verbrachten sie im Büro, um ihre Reiseempfehlungen zu Papier zu bringen. „Wir sind richtige Aussteiger geworden.“ Erinnerungen teilt das Ehepaar viele. Eine, die beide zum Lachen bringt, ist die Geschichte von einer Tour durch Spanien im Jahr 1977. Mit ihrem Campingbus fuhren sie durch die Altstadt von Sevilla. Rosemarie Rau navigierte die beiden ins Zentrum hinein, die Gassen wurden immer schmaler. „Irgendwann hatten wir uns festgefahren und kamen weder vor noch zurück“, erzählt Werner Rau. Erst mithilfe junger Leute, die das Auto anhoben und Stück für Stück um die Kurve trugen, kamen sie aus ihrer misslichen Lage wieder heraus. „Wir waren schweißgebadet.“
Von den Reiseerfahrungen sollen die Leser profitieren
Erfahrungen wie diese fließen in die Reiseführer des Rau-Verlages ein. Wo sind Engstellen, wo befinden sich besonders schöne Campingplätze, welche Passstraße ist für Wohnmobile ungeeignet? – all das wird in den mittlerweile 23 Titeln aufgeführt. Regelmäßig überarbeitet das Ehepaar die Ausgaben. Schließlich, so Rau, habe sich in den vergangenen Jahren für mobil Reisende viel verändert. Auf Campingplätzen werde es immer voller, gleichzeitig aber auch komfortabler. „Früher mussten wir den Strom noch mit Krokodilklemmen irgendwo abzwacken“, sagt Rau und erzählt, wie einmal der ganze Campingbus unter Strom stand.
Wenn Werner Rau und seine Frau einmal ausspannen wollen, fahren sie auf die Schwäbische Alb. „Da gönnen wir uns dann auch mal ein schönes Hotel.“ Campen möchten sie in Deutschland nicht. Zu eng seien hier die Campingplätze und zu voll mit Dauercampern. „Die Gartenzwerg-Romantik ist nichts für uns. Uns zieht’s weiter weg.“ Obwohl sie auf der Welt schon viel gesehen haben, gibt es noch Ziele, von denen die beiden träumen. Eines Tages wollen sie die Seidenstraße in China bereisen. „Das wird dann aber kein Reiseführer“, sagt Werner Rau. Vielleicht lernen die beiden dann doch noch, wie Urlaub geht.